this post was submitted on 05 Apr 2025
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DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz

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[–] hendrik@palaver.p3x.de 2 points 3 days ago* (last edited 3 days ago) (1 children)

Naja, soweit ich weiß gibt es hier Verleumdung, diverse Delikte mit persönlicher Ehre, dank Böhmermann hat man mal an die speziellen alten Paragraphen für Staatsoberhäupter und den Papst gedacht... Man darf den Holocaust nicht leugnen. Und bei der Verleumdung liegt die Beweislast oft bei demjenigen, der/die die Behauptungen aufstellt. Die müssen dann beweisen, dass das Fakt ist. Was so ziemlich entgegengesetzt zum Konzept "Free Speech" ist.

Was ist denn das Problem mit dem Toleranzparadoxon? Ich denke die Geschichte hat doch recht eindrücklich gezeigt, dass Toleranz z.B. gegenüber Faschisten letztendlich zu Problemen führt, weil sie dann doch so schlimm sind wie befürchtet, wenn nicht noch schlimmer. Ich finde es immer sehr okay denen keinen Raum zu geben. Also sowohl im echten Leben als auch hier im Internet dulde ich sowas kaum, spreche die Probleme deutlich an, und ich verlasse auch Plattformen wie X ratz fatz, wenn die von Faschisten übernommen werden. Und wenn ich mir mein direktes Umfeld anschaue, scheint das auch ganz gut zu funktionieren?

Und ein anderes Thema was ich wichtig finde ist die Toleranz gegenüber Großkonzernen. In Amerika ist ja uneingeschränkter Kapitalismus angesagt. Und hier gibt es ja doch Bestrebungen das zu regulieren. Z.B. darf mein Internetprovider nicht jedes meiner privaten Worte weiterverkaufen. Der Arbeitgeber darf mich nicht mit ein paar Dollar fünfzig pro Stunde über den Tisch ziehen und Arbeitssicherheit abschaffen. Ich finde das schon ganz gut, dass wir dem Turbo-Kapitalismus gegenüber nicht ganz so tolerant sind, wie die Amerikaner... Also auch wenn wir nicht perfekt sind, "nutzlos" finde ich das nicht.

[–] General_Effort@lemmy.world 3 points 3 days ago (1 children)

Naja, soweit ich weiß gibt es hier Verleumdung, diverse Delikte mit persönlicher Ehre,

Die persönliche Ehre als geschütztes Rechtsgut gibt es in den USA nicht. Aber Verleumdung gibt es trotzdem. Man kann Schadenersatz für Schäden einklagen, aber eben nicht für Ehrverletzung. Außerdem ist das Zivilrecht und wird nicht vom Staatsanwalt verfolgt.

Und bei der Verleumdung liegt die Beweislast oft bei demjenigen, der/die die Behauptungen aufstellt. Die müssen dann beweisen, dass das Fakt ist.

Genau genommen: Das ist bei Üble Nachrede der Fall, nicht bei Verleumdung. Dass man in DE leichter eine Verurteilung erreicht, ist für mich aber kein grundlegender Unterschied, sondern eben eine Frage der Toleranz.

Ich denke die Geschichte hat doch recht eindrücklich gezeigt, dass Toleranz z.B. gegenüber Faschisten letztendlich zu Problemen führt, weil sie dann doch so schlimm sind wie befürchtet, wenn nicht noch schlimmer.

Wann ist denn sowas mal passiert?

Die Nazis in Deutschland wurden auch gerichtlich verfolgt. ZB klagten jüdische Gruppen erfolgreich gegen Propagandisten with Julius Streicher. Damals war der Vorwurf "Blasphemie". Das Gegenargument war, dass man ja nur gegen die jüdische Rasse hetze und nicht gegen die Religion. Heute, bei Islamfeinden, ist es genau andersrum. Ein Treppenwitz der Geschichte.

Zwischenzeitlich wurde die SS sogar mal verboten.

Es war keine Toleranz, die den Nazis den Weg geebnet hat. Der alten Elite aus der Kaiserzeit war die Republik bestenfalls egal. Viele, wie Hindenburg, waren aktive Gegner.

Was hätte man denn, im Wissen um das Toleranz-Paradoxon, anders gemacht?


Islamfeinde nehmen auch gerne den angeblichen Kampf gegen Unterdrückung als Rechtfertigung. Das hat, va in Frankreich, eine lange Tradition.

(Ich schreib vielleicht morgen mehr historisches, falls ich Interesse sehe.)

Und ein anderes Thema was ich wichtig finde ist die Toleranz gegenüber Großkonzernen. In Amerika ist ja uneingeschränkter Kapitalismus angesagt. Und hier gibt es ja doch Bestrebungen das zu regulieren. Z.B. darf mein Internetprovider nicht jedes meiner privaten Worte weiterverkaufen. Der Arbeitgeber darf mich nicht mit ein paar Dollar fünfzig pro Stunde über den Tisch ziehen und Arbeitssicherheit abschaffen. Ich finde das schon ganz gut, dass wir dem Turbo-Kapitalismus gegenüber nicht ganz so tolerant sind, wie die Amerikaner… Also auch wenn wir nicht perfekt sind, “nutzlos” finde ich das nicht.

Das klingt für mich nach Sozialstaat oder Ordoliberalismus und nicht nach irgendwelchen Lehren aus dem Toleranz-Paradoxon.

[–] hendrik@palaver.p3x.de 1 points 3 days ago* (last edited 2 days ago)

Ja, die Rechtssysteme sind schon unterschiedlich. Also sowohl in der Auslegung als auch in der Durchführung nachher.

Wann ist denn sowas mal passiert?

Naja, die Geschichte hin zur Machtergreifung und Hindenburg ist schon kompliziert. Ich möchte hier auch nicht zu viel spekulieren was wäre wenn... Aber zumindest der Umgang mit dem ausbrechenden Zweiten Weltkrieg, den Polenfeldzug etc wurde ja nachher anders bewertet und die "Toleranz" z.B. von Churchill als Fehler(?) gesehen. Wenn man Parallelen zu den heutigen rechten Parteien sehen will, sollte man sich meiner Meinung nach vielleicht eher fragen, was die Zivilbevölkerung so zwischen '30 und '45 getan hat. Ich denke da mussten sich auch ein paar Leute fragen wie sie so mit der allgemeinen Situation umgehen möchten. Soweit ich weiß haben Menschen dort auch unterschiedliche Positionen gegenüber den Nazis gehabt und sind unterschiedliche Wege gegangen.

Ich meine wir haben ja viele Optionen. Man kann alles über sich ergehen lassen, man kann so wie die Franzosen ein paar Teslas anzünden. Man kann Leute aus seiner Nachbarschaft herausekeln oder sie willkommen heißen. Man kann sich überlegen ob man die AfD verbietet oder nicht... Ich denke das hat alles Auswirkungen. Wir sehen ja auch aktuell wie sich gesellschaftliche Stimmungen recht schnell verändern. Von Leuten geformt werden... Das sind ja alles Auswirkungen von etwas und ich denke das ist überhaupt nicht in Stein gemeißelt.

Das klingt für mich nach Sozialstaat oder Ordoliberalismus und nicht nach irgendwelchen Lehren aus dem Toleranz-Paradoxon.

Naja, ich finde schon, dass wir uns als Bürger fragen sollten wen wir hier was gestalten lassen wollen. In diesem Kommentarfaden geht es ja eigentlich nicht um staatliche Zensur, sondern um Social Media und Privatkonzerne, die diese "Zensur" oder Moderationsfunktion übernehmen. Und sie haben ja die absolute Kontrolle über den Raum in dem der Großteil unserer Mitmenschen ihr digitales Leben verbringen, kommunizieren, diskutieren, ihre Informationen über die Welt beziehen... Den Rahmen geben die Tech-Konzerne aus Silicon-Valley an. Ihre "Algorithmen" diktieren unsere Weltsicht. Ich denke das hat ganz viel mit dem Toleranz-Paradoxon zu tun. Also entweder finden wir Filterblasen und ungesunde Einflußnahme auf die Gesellschaft gut, oder es gibt ungefähr zwei Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Entweder stimmen die Leute mit den Füßen ab, oder der Staat oder die EU reguliert. Und "Regulation" ist ja so ziemlich per definition die Schranke, die gesetzt wird im Kontrast zu Toleranz Großkonzerne machen zu lassen, wasauchimmer sie möchten. Das Andere ist meine individuelle Toleranz gegebüber solchen Geschäftspraktiken. Mittelbar geht es dann auch um Privatsphäre, ob wir unsere Gewerkschaften behalten möchten oder das so machen wie Amazon es möchte... Meines Erachtens ist das alles eine Frage der Toleranz unserer Gesellschaft. Und ziemlich direkte Fragestellung von dem Thema über das wir gerade reden.

Zu Islamfeindlichkeit habe ich nicht viel beizutragen. Ich komme aus dem Ruhrpott. Hier ist das ziemlich normal, dass man eine handvoll Mitschüler, Kommilitonen oder Kollegen hat, die einem von den Problemen mit den (streng) gläubigen Eltern erzählen, oder was sie so zu Ramadan machen oder nicht. Also meine Perspektive wäre da sicherlich anders als die eines AfD-Wählers vom Dorf in den Bundesländern mit mehr Bio-Deutschen-Anteil. Ich kann mich da schlecht hineinversetzen. Ich persönlich habe dem Islam gegenüber dieselbe Toleranz wie gegenüber dem Christentum. Ich finde, die haben sich alle an unsere Rechtsordnung zu halten, und sollen andere Leute bitte nicht mit ihren vor-mittelalterlichen Weltvorstellungen belästigen. Feiern und anbeten darf jede*r wen und was er oder sie will. Aber das ist ja auch der Unterschied zwischen ich mag die Leute wegen Kultur/Religion nicht, oder wegen ihres Aussehens.